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Gericht: Finanzgericht Saarland
Gerichtsbescheid verkündet am 08.01.2008
Aktenzeichen: 2 K 1092/04
Rechtsgebiete: AO
Vorschriften:
AO § 110 |
Finanzgericht Saarland
Einkommensteuer 2001
In dem Rechtsstreit
...
hat der 2. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes
durch
den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Dr. Bilsdorfer als Vorsitzender sowie die Richterin am Finanzgericht Hörndler und den Präsidenten des Finanzgerichts Dr. Schmidt-Liebig
am 8. Januar 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand:
Nachdem der Kläger die Einkommensteuererklärung für die Jahre 1999 und 2000 sowie für das Streitjahr 2001 nicht fristgerecht eingereicht hatte, erließ der Beklagte am 30. Oktober 2002 Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2001, in denen die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung ( § 162 AO) ermittelt waren. Sämtliche Bescheide waren an den Kläger adressiert.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2002, das dem Beklagten am selben Tag per Fax übermittelt wurde, legte der Kläger, vertreten durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, gegen die Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 Einspruch ein (Rbh, Bl. 53). Mit Schreiben vom 11. Dezember 2002 wandte sich der Beklagte an den Kläger persönlich (Bl. 33). Im Betreff dieses Schreibens heißt es "Einspruch vom 02.12.2002 gegen den Bescheid über Einkommensteuer für 1999, 2000".
Mit Fax-Schreiben vom 21. Februar 2003 (Rbh, Bl. 24) beantragte der Kläger den Einspruch vom 2. Dezember 2002 "auf den zusätzlichen Einkommensteuerbescheid 2001 zu erweitern". Zugleich beantragte er hinsichtlich der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er trug vor, er habe die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 am 2. Dezember 2002 einer Büroangestellten übergeben. Diese habe sie dem Steuerberatungsbüro übermittelt. Dabei sei es zu einem Übertragungsfehler (unvollständige Übertragung sämtlicher Steuerbescheide) gekommen, so dass anschließend der Steuerberater nur bezüglich der Jahre 1999 und 2000 Einspruch eingelegt habe. Die unvollständige Übertragung sei infolge des "eingeschränkten Komforts" des Fax-Gerätes nicht aufgefallen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2004 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig (Bl. 9 ff.).
Mit Schreiben vom 23. März 2004 erhob der Kläger Klage (Bl. 1).
Er beantragt sinngemäß (Bl. 1),
die Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2004 aufzuheben.
Der Kläger macht geltend, ihm sei zu Unrecht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verweigert worden. Ihn treffe an der Fristversäumnis kein Verschulden.
Der Beklagte beantragt (Bl. 32),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Der Beklagte verweist darauf, dass dem Kläger bereits durch das Schreiben vom 11. Dezember 2003 deutlich gemacht worden sei, dass sich der Einspruch allein auf die Jahre 1999 und 2000 bezogen habe. Auf dieses Schreiben habe der Kläger bis spätestens 17. Januar 2003 reagieren müssen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei jedoch erst am 21. Februar 2003 gestellt worden.
Überdies treffe den Kläger ein Überwachungsverschulden. Gerade angesichts der technisch nur unzureichenden Ausstattung des Fax-Gerätes habe sich der Kläger zur Vermeidung eines Schuldvorwurfs beim Steuerberater vergewissern müssen, ob diesen sein Fax vollständig erreicht hatte.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht den Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung als unzulässig, weil nicht fristgerecht verworfen, weil dem Kläger auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war.
1. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 110 Abs. 1 AO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. "Ohne Verschulden" verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist jemand dann, wenn er die für einen gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet hat. Wegen unverschuldeten Rechtsirrtums kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn sich der Irrtum auf die Frist selbst oder die Form der Fristwahrung bezieht. Irrtümer über das Wesen einer Ausschlussfrist oder über materielles Recht begründen dagegen eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht (BFH vom 12. Juni 2007 VI B 14/07, BFH/NV 2007, 1626 m.w.N.).
Das Verschulden sog. Hilfspersonen muss sich der Steuerpflichtige nicht zurechnen lassen (vgl. BFH vom 12. August 1986 VII R 202/83, BFH/NV 1988, 89). Insoweit könnte ein eigenes Verschulden des Steuerpflichtigen lediglich dann angenommen werden, wenn er eine für die konkrete Aufgabe erkennbar ungeeignete Hilfsperson hinzugezogen (vgl. BFH vom 27. November 1992 VI R 95/90, BFH/NV 1993, 365) oder wenn er die Hilfsperson unzureichend unterwiesen hätte (vgl. BVerwG vom 16. Juli 1980 6 B 63.79, DÖV 1981, 180).
Der Antrag ist nach § 110 Abs. 2 Satz 1 AO innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind dabei die Tatsachen zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags grundsätzlich innerhalb der Antragsfrist darzulegen, so dass ein Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen nach Ablauf der Antragsfrist unzulässig ist; zulässig ist lediglich, unvollständige Angaben auch noch nach Ablauf dieser Frist zu erläutern und zu ergänzen (BFH vom 27. März 1985 II R 118/83, BStBl II 1985, 586). Innerhalb der Antragsfrist wird daher, ohne dass die Behörde dazu auffordern müsste, der fristgerechte eigene Vortrag von Wiedereinsetzungsgründen verlangt, d.h. eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung aller für die Frage der Wiedereinsetzung entscheidungserheblichen Tatsachen, also der "Kern" der geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründe (BFH vom 28. Januar 2000 VII B 281/99, BFH/NV 2000, 823).
2. Anwendung im Streitfall
Im Streitfall hat der Kläger unstreitig die Einspruchsfrist bezüglich der Steuerfestsetzung 2001 versäumt.
2.1.
Der Kläger hat zudem versäumt, innerhalb der Monatsfrist des § 110 Abs. 2 Satz 1 AO einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen. Denn dem Kläger musste mit Erhalt des Schreibens vom 11. Dezember 2002 klar sein, dass die am 2. Dezember 2002 erfolgte Einspruchseinlegung -aus welchen Gründen auch immer- unvollständig sein musste. Er hätte mithin innerhalb eines Monats, also bis spätestens mit Ablauf des 17. Januar 2003 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen müssen. Dies ist indessen nicht geschehen. Erst am 21. Februar 2003 ging ein entsprechender Antrag beim Beklagten ein.
Insoweit fällt auf, dass der Kläger nicht darlegt, durch welches Ereignis und wann ihm die Fristversäumnis bewusst geworden ist. Insoweit war der Wiedereinsetzungsantrag unvollständig. Denn zu den innerhalb der Frist zu machenden Angaben gehört im Zweifelsfall auch der Sachvortrag, aus dem sich die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs ergibt (Brockmeyer, in: Klein, AO-Kommentar, 9. Aufl., § 110 Anm. 45; FG Baden-Württemberg vom 23. Oktober 1997, 6 K 3/97, EFG 1998, 614).
2.2.
Da einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bereits der Gesichtspunkt der nicht rechtzeitigen Antragstellung entgegen steht, braucht der Senat auch im Detail nicht auf den weiteren Umstand einzugehen, dass möglicherweise auch ein Verschulden des Klägers vorliegt. Dieser hätte nämlich nach dem Dafürhalten des Senats im Anschluss an die (unvollständige) Fax-Übermittlung der Steuerbescheide beim Steuerberater nachfragen müssen, ob diesem sämtliche Bescheide vorlagen. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass diese Übermittlung am Tag des Fristablaufs erfolgte und zudem dies -jedenfalls nach dem Vortrag des Klägers- der erste Kontakt mit seinem neuen Steuerberater war.
2.3.
Im Ergebnis war nach Auffassung des Senats die Weigerung des Beklagten, dem Kläger hinsichtlich der Fristversäumnis bei Einlegung des Einspruchs gegen die Steuerfestsetzung 2001 keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, nicht zu beanstanden.
3.
Damit konnte die Klage keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO zulasten des Klägers als unbegründet abzuweisen. Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO bestand keine Veranlassung.
Der Senat hielt im Interesse des Klägers eine Entscheidung im kostengünstigeren Gerichtsbescheidverfahren für angezeigt.
Ende der Entscheidung
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